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BADS-Aktionswoche in Bremen am 27.+28.11.2018

Artikel in der Bremer Tageszeitung WESER KURIER am 28.11.2018

Alkohol am Steuer - Es kracht im Minutentakt

Ralf Michel 27.11.2018

Der Verein BADS informiert in Bremen über die Auswirkungen von Alkohol und Drogen im Straßenverkehr. Im Fokus steht dabei vor allem eine Risikogruppe.

Aktionswoche2018-FS

Robert Tantius hat am Fahrsimulator 0,8 Promille eingestellt. Carolin Lamperski fährt deshalb mit Tunnelblick, auf dem Monitor durch ein ovales Sichtfeld angedeutet. (Frank Thomas Koch)

Völlig unvermittelt fährt der Wagen aus der Nebenstraße über die Kreuzung. Ausweichen unmöglich. Carolin Lamperski knallt frontal in den anderen Pkw. „Aber ich hatte doch Vorfahrt!“, schimpft die Schülerin und starrt fassungslos auf den Monitor des Fahrsimulators. Doch darum geht es nicht bei dieser Fahrübung. „Das Zauberwort heißt Vermeidbarkeit“, erklärt Robert Tantius vom Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr (BADS) den Berufsschülern, die um den Simulator herumstehen. „Wäre es auch zu diesem Unfall gekommen, wenn sie keinen Alkohol getrunken hätte?“ Natürlich hat die Schülerin nicht wirklich getrunken, auch das ist nur Teil des vorgegebenen Szenarios – der Fahrsimulator ist so eingestellt, als ob sie mit 0,8 Promille am Steuer sitzen würde. Und was das für diesen Unfall bedeutet, ist inzwischen auf dem Monitor des Simulators abzulesen: 2,44 Sekunden Reaktionszeit, statt (nüchtern) 1,4 Sekunden. Ohne die 0,8 Promille hätte sie nach 32,10 Metern gestanden, so sind es 43,60 Meter. Elfeinhalb Meter, die entscheidend sein können. Mit dem Schrecken davongekommen oder Frontalzusammenstoß? Leben oder Tod?

„Zu schnell, zu müde, zu cool“

Und genau darum geht es bei der bundesweiten Aktionswoche des BADS zur Verkehrssicherheit – aufzuzeigen, wie Alkohol wirkt und welche Folgen er am Steuer haben kann. Die Landessektion Bremen des gemeinnützigen Vereins ist dafür in der Helmut-Schmidt-Schule zu Gast, der Berufsbildenden Schule für Wirtschaft in Osterholz-Tenever. Bevor sich die Schüler ans Steuer des mit 0,8 Promille programmierten Fahrsimulators setzen, ist Theorie angesagt. Als Referenten dafür konnte der BADS Jörg Walker aus der Verkehrsabteilung der Bremer Polizei gewinnen. Er möchte die Schüler für das Thema sensibilisieren. Nicht als Moralapostel mit erhobenem Zeigefinger, sondern lösungsorientiert, wie er betont. „Klar, ihr seid jung, wollt feiern und Spaß haben. Völlig in Ordnung.“  Doch dieses Lebensgefühl berge in Kombination mit mangelnder Lebens- und Fahrerfahrung eben auch Risiken. Walker spricht von einem Gefahrencocktail: zu schnell, zu müde, zu cool, zu voll ... Nicht jeder Unfall sei vermeidbar. Aber mancher Fahrer provoziere den Crash geradezu durch sein eigenes riskantes Verhalten. „Da ist es dann nur eine Frage der Zeit, bis es kracht.“Walker zeigt Bilder von Unfällen, verursacht von jungen Menschen am Steuer. Bei einem gab es sieben Schwerverletzte. Der Polizist hat die volle Aufmerksamkeit der Schüler. „Die kennen wir. Drei aus dem Wagen kommen von unserer Schule.“ Ein witzige Filmsequenz zeigt, wie sich Menschen unter Alkoholeinfluss verändern können – der Labersack, der Aufgedrehte, der Emotionale, der gewaltbereite Prolet, das Opfer. Mit kurzen prägnanten Infos für die Schüler legt der Walker nach: „Eine Sekunde Unaufmerksamkeit bei 50 km/h bedeuten 14 Meter Blindflug.“ Oder: „Während der Fahrt auf dem Smartphone lesen oder schreiben, erhöht das Unfallrisiko wie 0,8 Promille.“

Die zentrale Botschaft

„Die Zahl der Alkoholunfälle ist durch umfangreiche Aufklärungstätigkeit zwar zurückgegangen“, erläutert Thorsten Prange, Leiter des BADS Bremen. Trotzdem habe es 2017 bundesweit 182 Verkehrstote wegen Trunkenheitsfahrten gegeben. Weitere 40 Verkehrstote stünden für 2017 wegen einer Fahrt unter dem Einfluss von Drogen zu Buche. „Jeder einzelne Tote und Verletzte einer Trunkenheits- und Drogenfahrt ist ein vermeidbares Opfer.“  Am Ende des Vortrags steht die zentrale Botschaft des BADS: „Alkohol und Drogen im Straßenverkehr sind nicht sexy, sondern töten.“ Und eine einfache Lösung, mit der viele Unfälle vermieden werden könnten: „Wer fährt, trinkt nicht. Wer trinkt, fährt nicht.“

Am Fahrsimulator kracht es derweil weiterhin im Minutentakt. Eine Radlerin, die plötzlich vom Radweg auf die Fahrbahn ausschert, ein Motorradfahrer, der die Vorfahrt missachtet. Nie sind die Schüler am Steuer des Simulators die Unfallverursacher. Trotzdem sprechen die errechneten Werte für Reaktionszeit, Reaktionsweg und Anhalteweg ein ums andere Mal Bände. Besonders gilt das für den Schüler, der das Lenkrad lässig mit nur einer Hand führt. Und für die Schülerin, die mit 83 km/h durch die geschlossene Ortschaft brettert. Obwohl sie trotz der simulierten 0,8 Promille sogar außerordentlich schnell auf den falsch fahrenden Motorradfahrer reagiert, fährt sie ihn über den Haufen. 55,53 Meter Anhalteweg sind zu viel, um diesen Unfall zu vermeiden. Nüchtern wäre sie 20 Meter früher zum Stillstand gekommen.

Aktionswoche in SAT1-Regional - „Alkohol am Steuer: Bremer Schüler werden über Gefahren aufgeklärt”

 https://www.sat1regional.de/alkohol-am-steuer-bremer-schueler-werden-ueber-gefahren-aufgeklaert/

Instrukteur Lehmann